Wohlsborn

Lebenswerte Gemeinde im Weimarer Land

Die Kirche

Beitrag veröffentlicht am: 30.07.2006 | Autor: Ortschronist Thomas Fischer

Foto: von Dr. Jochen Kummer

Über die wichtigste Wirkungsstätte der Pfarrer in Wohlsborn, die Kirche, schreibe ich in diesem Artikel.

Die Kirche mit dem typischen Zwiebelturm

Die Kirche liegt am ursprünglich einzigen Zugang zum Dorf von Südwesten her. Der rechteckig verputzte Bruchsteinbau der Kirche stammt aus dem 15. Jahrhundert. Der bündige quadratische Ostturm zeigt Spuren gotischer Baugesinnung in Form von Vorhangbogen und Maßwerkfenstern. Ein Umbau in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts veränderte das Langhaus. Vom spätgotischen Erstbau erhielten sich rundbogige Triumphbogen und das Kreuzgratgewölbe des Chorraumes sowie eine spitzbogige Sakramentsnische in der Chornordwand. Die auf dem Altar stehende bemalte Holzkanzel entstand um 1700.
(aus: Der Landkreis Weimar Heft 2, Seite 108)


Entdeckung 1984

Für alle im Ort war es eine ziemliche Überraschung, als 1984 die Konfirmanden des Ortes eine weitgehende Entdeckung in der Kirche machten. Sie bemerkten am Kanzelaltar eine kaum lesbare Inschrift. Es stellte sich heraus, dass der Altar vom katholischen Kardinal Herzog Christian August von Sachsen-Zeitz stammt, welcher gleichzeitig Statthalter der Deutsch-Ritter Balleien in Thüringen war. Der Weimarer Restaurator Horst Jährling ließ die Inschrift wieder schön sichtbar werden.

Kirche Wohlsborn

Die Kirche mit dem markanten Zwiebelturm war in dieser Gegend schon etwas Besonderes, worauf die Einwohner sicher stolz waren und sind, auch wenn die meisten Einwohner nur zu besonderen Anlässen hineingehen.
Im Laufe der Zeit mussten immer wieder Reparaturen an dem Gebäude vorgenommen werden, was natürlich auch Geld kostete. An dessen Beschaffung haperte es zuweilen, weshalb Reparaturen durchaus hinaus gezögert wurden.

Reparaturen:

Nachweislich wurden folgende Reparaturen ausgeführt:
Am 17. November 1833 wurde unter persönlicher Aufsicht des Hof - Schieferdeckers Herrn Greiner von dessen Gesellen Friedrich Grosmann der Knopf und die Fahne des Kirchturms wieder aufgesetzt, nachdem die letztere und das Kirchendach repariert worden waren.


1858 erfolgte eine bedeutende Reparatur an der Kirche. Zwei Fenster, je eins am Giebel und an der Nordseite, wurden durchgebrochen und die beiden an der Südseite um ca. 30cm vertieft. Die alten Türen wurden durch neue ersetzt. Eine neue Freitreppe mit eisernem Geländer wurde aufgeführt. Die Stände sämtlich mit Bücherbrettern versehen. Der ganze Turm wurde frisch geweißt und das Kirchenschiff größtenteils neu gepflastert. Das große Kruzifix über dem Altar über der Kanzel wurde befestigt und dort ein neuer Farbanstrich angebracht.

Die Turmuhr

Zum Kirchturm gehört natürlich auch eine Kirchturmuhr, die 1870 beschafft wurde, mit viertel und vollem Stundenschlag. Diese lieferte Herr Rebhuhn aus Neustadt / Orla für 390 Mark und 56 Pfennige Nebenkosten. Die Uhr war nicht solide gebaut, das Werk war schwach.

1887 machte sich eine Reparatur der Turmuhr durch Uhrmacher Tröscher aus Weimar erforderlich, welcher auch eine neue Glocke mit Hammereinrichtung für den Viertelstundenschlag lieferte.

1928 wurde von Uhrmacher Leopold Tröscher aus Weimar eine neue Turmuhr für 1100 RM eingebaut. 1951 wurde sie von Uhrmacher Willi Kogel aus Wohlsborn repariert.
Seit 1966 war die Uhr defekt.
1986 wurde eine Reparatur in Angriff genommen. Der Bürgermeister Peter Thomas nahm Kontakt zu dem Uhrmachermeister Konrad Riechardt aus Eisenberg auf. Verschuldet durch das undichte Dach war die Uhr nach Meinung des Fachmanns nur noch Schrott. Trotzdem übernahm der 76-jährige die Reparatur, die er im Mai 1990 erfolgreich beendete.

Die Orgel

Ganz wichtig ist eine Orgel zur Begleitung des Gesangs während des Gottesdienstes.
Am Sonntag Jubilate, dem 4. Mai 1879 wurde in der Kirche die neue Orgel eingeweiht unter großer Beteiligung der Wohlsborner aber auch der auswärtigen Bevölkerung. Der Orgelbauer Drechsler-Blankenhain stellte die Orgel auf und  geprüft wurde sie von dem Organisten A.W. Gottschalg aus Weimar. Die Kosten von 1500 Mark wurden mit Genehmigung des Großherzoglichen Staatsministeriums mit den Zinsen des Legats der Sophie Dorothea Filz bezahlt.
(Allgemeine Thüringische Landeszeitung Deutschland v. 31.Mai 1931)

Turmdach und Glocken

Das Turmdach der Kirche mit Knopf und Fahne wurde 1880 durch den Schieferdecker Ott und Klemptner Krause, beide aus Weimar für 88 Mark und 26 Pfennige repariert.
Mit einem Kostenaufwand von ca. 6000 Mark wurde die Kirche 1903 renoviert.

Im Juni 1917 wurden die großen und mittleren Kirchturmglocken zwecks Kriegsbedarf beschlagnahmt und zerschlagen. Die neuen von Schilling und Lattermann aus Apolda gelieferten Gussstahlglocken klangen sehr schön, sie ließen sich aber sehr schwer läuten. Sie kosteten 3400 Mark, waren also nicht teuer.

Da der Zustand des Kirchendaches im Laufe der Zeit sehr schlecht geworden war, machte sich eine Neudeckung des Kirchturmdaches erforderlich. Diese wurde durch Dachdeckermeister Munzert aus Weimar ausgeführt. Begonnen wurde im Juni 1952 und beendet wurde sie am 3. Juli. Am 2. Juli, einem heißen Tag, der Temperaturen über 45° Celsius brachte, versammelte sich die Jugend im Gasthof, um sich die alten Urkunden aus dem Turmknopf der Kirche vorlesen zu lassen. Am 3. Juli um 20 Uhr wurde der Turmknopf unter der Anteilnahme der ganzen Dorfbevölkerung nach einem Umzug mit Musik durch das Dorf wieder an seiner alten Stelle angebracht. Der Knopf wurde von den Einwohnern Leo Banaszyk (80 Jahre) und Wilhelm Mund (77 Jahre) im Umzug getragen. Im Anschluss daran fand im Gasthaus Strobach ein Richtschmaus für die Dachdecker und ein gemütliches Beisammensein der Gemeinde statt.
Die Wetterfahne wurde durch Gemeinderatsmitglied Otto Stoltz kostenlos hergerichtet und mit einem Stern versehen.

1989  kam es zur längst fälligen nächsten Reparatur des Kirchendaches. Die bei der letzten Reparatur verwendeten Stahlnägel zur Befestigung des Schiefers waren durchgerostet und das Dach dadurch in einem desolaten Zustand. Um eine Generalreparatur durchzuführen, mussten große Probleme gelöst werden, die von der Finanzierung, Materialbereitstellung bis zum Rüstmaterial reichten. Deshalb war schon im Sommer 1988 mit den Technosportlern von Dr. Brenner vereinbart worden, diese Dacherneuerung einschließlich der erforderlichen Holzarbeiten ohne Gerüst, nur an Seilen, durchzuführen. Als Objektlohn wurden 36 000 Mark festgelegt. Die Arbeiten begannen im Sommer 1989 und konnten nur mit Unterbrechungen durchgeführt werden, da sie als Feierabendtätigkeit ausgeführt und deshalb auch in diesem Jahr nicht abgeschlossen werden konnten. Die Finanzierung erfolgte folgendermaßen: 12 TM brachte die Gemeinde auf, davon wurden 5,7 TM durch den Ortspfarrer Bernst gesammelt, einschließlich der 250 Mark die von der DFD Ortsgruppe zur Verfügung gestellt wurden, 2,4 TM stellte der Rat des Kreises zur Verfügung und 21,6 TM bezahlte das Kreiskirchenamt.

Am "Tag der deutschen Einheit", am 3. Oktober 1990, fand dann in unserem Dorfe das "Knopffest" an und in der Kirche statt. Als krönender Abschluss wurde der neu vergoldete Knopf, gefüllt mit neuen Zeitdokumenten und mit der Wetterfahne, von den ältesten Männern zum Turm getragen und dort von dem Segensspruch des Pfarrers Bernst begleitet, von den Handwerkern an der bisherigen Stelle angebracht.

Das Dach des Kirchenschiffs wurde 1997/8 gedeckt, organisiert von Pfarrer Bernst, seine letzte Aktion für das Kirchengebäude in Wohlsborn, bevor sein Dienst hier endete. Reparaturen im Innern des Kirchenschiffs wurden von der Gemeinde (Jürgen Klamant aus Buttelstedt als ABM, ein Zivildienstleistender und Rolf Schäfer) und von der Kirche (Herr Gottschling aus Großobringen als ABM der Kirche) noch vor der 750 Jahrfeier durchgeführt.
Heute kann sich die Kirche innen und außen schon wieder sehen lassen, obwohl noch vieles zu renovieren wäre.